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Pressemitteilung – 23. Juni 2023

Neue Ausstellung im Haus Coburg

Die Themen Familie und Kindheit stehen im Mittelpunkt der neuen Ausstellung im Haus Coburg. Sie trägt den Titel „Kindheit(en). Von Erinnerungen in der Kunst“ und ist vom 1. Juli bis 10. September in der Städtischen Galerie Delmenhorst zu sehen.

Die Vernissage steigt am Freitag, 30. Juni, um 19 Uhr im Hof vom Haus Coburg. Mit dabei sind viele der Künstlerinnen. Sowohl die Kuratorinnen Aneta Palenga und Moshtari Hilal als auch Hila Limar, Vorsitzende des gemeinnützigen Vereins Visions for Children, sprechen zur feierlichen Eröffnung der Ausstellung. Der Freundeskreis Haus Coburg und Flora Arab bieten kulinarische Köstlichkeiten unter freiem Himmel. Copartikel, die junge Kunstvermittlungsinitiative der Städtischen Galerie Delmenhorst, präsentiert Musik von der Hamburger DJane TaIIIz, die mit einem Mix aus afghanischen Klassikern und Tanzmusik, Hip-Hop, Funk, Soul sowie Hits vom indischen Subkontinent, Anatolien und Nahost den Abend ausklingen lassen wird. Der Eintritt zur Vernissage ist frei.

Als Mitbegründerin des unabhängigen Kollektivs „Afghan Visual Arts and History“ (AVAH), das afghanische Kulturschaffende weltweit vernetzt, hat Moshtari Hilal sieben Frauen eingeladen, an der Ausstellung im Haus Coburg zu partizipieren. In der Städtischen Galerie Delmenhorst bekommt das Netzwerk einen temporären Ort, an dem die Künstlerinnen Tamina Amadyar, Jeanno Gaussi und Farila Neshat, die Filmemacherinnen Parwana Haydar, Shahrbanoo Sadat und Zamarin Wahdat sowie die Designerin und Textilkünstlerin Zuhra Hilal ihre Werke präsentieren. Sie sind in Deutschland, Österreich, Dänemark, im Iran und in Afghanistan aufgewachsen und werfen einen jeweils individuellen Blick auf die Kindheit. Geleitet werden sie von den Fragen: Wie wirken sich Kindheitserinnerungen auf Bildsprachen in der Kunst aus? Welche Gegenstände, Stoffe, Farben oder Gesten kindlicher Erfahrungen formen die Motive und Erzählungen der Gegenwart?

Durch die künstlerische Bearbeitung von Fotoalben, Textilien, Gegenständen, mündlichen Überlieferungen, Tagebüchern, Familienerzählungen und Reiseaufzeichnungen werden Verlusterfahrungen und der soziale Neubeginn, afghanische Traditionen und das Aufwachsen in der Diaspora reflektiert. Ihre Recherchen haben die Künstlerinnen auch auf Delmenhorst ausgeweitet. Parwana Haydar war Stipendiatin am Hanse-Wissenschaftskolleg und hat während ihres zweimonatigen Aufenthalts den Essay-Film „The myth of the present“ gedreht. Gemeinsam mit der Oscar-prämierten Kamerafrau Zamarin Wahdat wurde dieser Film unter Mitwirkung des Nachbarschaftszentrums Hasport und mit finanzieller Unterstützung des Bundesprogramms „Demokratie leben“ realisiert.

Aus individuellen Erfahrungen und künstlerischen Haltungen heraus untersucht die Ausstellung gemeinsame Schnittmengen. An welchen Stellen ähneln sich die Bildsprachen der Künstlerinnen? Wo beginnen die erinnerten Bilder, ein kollektives Gedächtnis nachzuzeichnen, und wann sind es persönliche und einzigartige Momente, die erinnert werden? In den Fokus geraten Einrichtungsgegenstände und Textilien, die eine gemeinsame Erinnerungskultur bilden. Zugleich thematisiert die Ausstellung das Aufwachsen in einer fremden Kultur.

Zusammen mit AVAH wird in der Ausstellung ein Raum eingerichtet, der zum Verweilen und Mitmachen einlädt. Hier können Erwachsene und Kinder nach Herzenslust spielen, krabbeln, schauen, lesen und ihre Erinnerungen teilen. Per Sofortausdruck können Besucherinnen und Besucher eine Fotografie, einen Gegenstand oder Text aus dem Internet in einer kollektiven, analogen Sammlung hinterlassen.

Die Ausstellung wird durch Veranstaltungen ergänzt, die Bildstereotype des westlichen Kunstbetriebs problematisieren und ästhetische Ordnungen und kuratorische Routinen reflektieren. Alle beteiligen Künstlerinnen werden im Laufe der Ausstellung zu „Artist Talks“ eingeladen, um ein breiteres Verständnis von der zeitgenössischen afghanischen Kunst- und Filmproduktion zu vermitteln.

Direkt nach der Eröffnung am Sonnabend, 1. Juli, findet ein Kunstgespräch mit der Wiener Künstlerin Farila Neshat in der Artothek statt. Kunstpraktische Workshops für Kinder und Erwachsene runden das Angebot ab. Alle Informationen zum Veranstaltungsprogramm finden sich auf der Internetseite der Städtischen Galerie unter www.hauscoburg.de.

Die Ausstellung wird unterstützt von der Stiftung Niedersachsen, dem Niedersächsischen Ministerium für Wissenschaft und Kultur und dem Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend im Rahmen des Bundesprogramms „Demokratie Leben“.

In Vorbereitung der Ausstellung ermöglichte das Hanse-Wissenschaftskolleg Parwana Haydar eine sogenannte Artist-Residency in Delmenhorst. Wahdat, ein Fachhandel für handgeknüpfte Teppiche in Hamburg, unterstützt die Ausstellung mit der Leihgabe von afghanischen Teppichen.

Die Künstlerinnen

  • Tamina Amadyar (geboren 1989 in Kabul) lebt und arbeitet in Berlin. Ihre Beschäftigung mit Erinnerungen an Orte und Situationen setzt sie in reduzierte, aber farbstarke Gemälde um. Die Malerin ist in der Ausstellung mit drei Arbeiten, einem großformatigen Portrait und zwei Aquarellen vertreten.
  • Jeanno Gaussi (geboren 1973 in Kabul) lebt und arbeitet in Berlin. Die Konzeptkünstlerin zeigt ihre Arbeit „Family Stories“, mit der sie 2012 auf der Documenta in Kassel vertreten war. Ausgehend von Familienfotos hat sie einen Werbemaler in Kabul beauftragt, ihr unbekannte Verwandte zu portraitieren.
  • Parwana Haydar (geboren 1996 in Jaghori) lebt und arbeitet in London. Die Filmemacherin war als „Artist in Residence“ im Hanse-Wissenschaftskolleg und realisierte während ihres Aufenthaltes gemeinsam mit Zamarin Wahdat einen Essayfilm zur Mutter-Tochter-Beziehung in der Migrationsrealität. Samira Teimori (Delmenhorst) und Shayestah Wahdat (Hamburg) sind die beiden Laiendarstellerinnen, die die Perspektiven verkörpern. Das Nachbarschaftszentrum Hasport unterstützte die Künstlerinnen bei der Kontaktaufnahme zur afghanischen Community in Delmenhorst.
  • Moshtari Hilal (geboren 1993 in Kabul) arbeitet und lebt in Hamburg. Für das Ausstellungsprojekt im Haus Coburg tritt sie als Künstlerin, Kuratorin und Gründungsmitglied von „Afghan Visual Arts and History“ auf. Hilals Arbeiten waren der Startpunkt für die Entwicklung der Ausstellung zum Themenfeld Kindheit. Schwarz-Weiß dominiert ihre Zeichnungen, Collagen und Installationen. Ihre Videoarbeit „Memories in Technicolor“ spielt indes bewusst mit der überdrehten Farbgebung einer Ära, zu der die Kindheiten der Künstlerinnen zählen. Speziell für die Ausstellung entstanden neue Arbeiten, darunter ein Wandteppich.
  • Zuhra Hilal (geboren 1989 in Kabul) lebt und arbeitet in Berlin und ist studierte Modedesignerin. Als Textilkünstlerin beschäftigen sie feministische Themen wie die Auseinandersetzung mit dem weiblichen Körper. Für die Ausstellung entwickelte sie eine raumnehmende, fragile Textilinstallation. Gemeinsam mit ihrer Schwester, Moshtari Hilal, betreibt sie das Studio Hilal. Eine Auswahl an limitierten Seidendrucken aus ihrer Serie „Mehmooni“ ist im Museumsshop von Haus Coburg zu erwerben.
  • Farila Neshat (geboren1994 in Kabul) ist eine in Wien lebende Konzeptkünstlerin und Druckgrafikerin. Neshat setzt sich mit politischen Themen wie der Flüchtlingserfahrung, aber auch mit der Entstehung und Entwicklungen von Kulturen auseinander. Ihre in der Ausstellung präsentierten „Seelenhäuser“ erzählen die Fluchtgeschichte ihrer Familie aus Afghanistan.
  • Shahrbanoo Sadat (geboren 1990 in Teheran) lebt und arbeitet derzeit in Hamburg. Sie hat Kabul erst 2020 aufgrund der erneuten Machtübernahme der Taliban verlassen. Sadats erster Kinofilm „Wolf and Sheep“, 2016 beim Filmfestival von Cannes prämiert, spielt in der ländlichen Hirten-Umgebung ihrer Jugendzeit. Das Drehbuch und andere Hintergründe zur Filmproduktion sind in der Ausstellung präsentiert. Ebenso ist ein Screening des Kinofilms geplant.
  • Zamarin Wahdat (geboren 1989 in Kabul) lebt und arbeitet in Hamburg. In dem Oscar-prämierten Dokumentarfilm „Learning how to skate in a warzone“ (2016) war sie als Kamerafrau und Übersetzerin beteiligt. Seitdem war sie für diverse Produktionen aktiv, darunter ihr Regiedebüt „Bambirak“ (2020), ein „Tatort“ (Schattenleben, 2022) und zuletzt der Dokumentarfilm „Sarah Mardini – Gegen den Strom“ (2023). In Delmenhorst arbeitete die Kinematographin mit Parwana Haydar an dem Essayfilm „The myth of the present“.
  • Termin:
    Freitag | 30. Juni 2023 | 19 Uhr
    Städtische Galerie Delmenhorst | Fischstraße 30

Nr. 209|23 – Städtische Galerie Delmenhorst

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