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Pressemitteilung - 27. März 2019

Vor 100 Jahren: Erste Frauen im Delmenhorster Stadtrat

„Vor genau 100 Jahren, im April 1919 wurden in Delmenhorst die ersten vier Frauen in den Stadtrat gewählt, denn sofort nach der Einführung des Frauenwahlrechtes in Deutschland 1919 gab es auch Delmenhorsterinnen, die sich entschlossen zu Wort meldeten, um sich politisch zu engagieren,“ so die städtische Gleichstellungsbeauftragte Petra Borrmann. Im damals 22.000 Einwohner zählenden Delmenhorst kandidierten bei besagter Stadtratswahl erstmalig 21 Frauen bei insgesamt 119 Wahlvorschlägen, darunter Hausfrauen, Lehrerinnen, eine Telegrafengehilfin und eine Schneiderin.

Die Bilder der gewählten drei Sozialdemokratinnen Frieda Hense, Else Meyer und Marie Schmidt und der vierten Ratsfrau Minna Riefe von der Deutschen Volkspartei, sind seit 1996 öffentlich zugänglich. Sie hängen auf Initiative von Bürgerinnen und der Gleichstellungsstelle im Rathaus, derzeit im ersten Stock. Im Jahr 2001 wurden in Deichhorst zwei Delmenhorster Straßen nach Marie Schmidt und Minna Riefe benannt.

Und heute, 100 Jahre später? Die Gleichstellungsbeauftragte nimmt das Jubiläum des Frauenwahlrechtes zum Anlass, um auf die aktuelle Situation zu blicken: „Leider sind wir von einer gleichen Besetzung unseres Stadtrates mit Männern und Frauen immer noch weit entfernt. Der aktuelle Frauenanteil beträgt 27 Prozent, einige Fraktionen im Rat sind ausschließlich mit Männern besetzt. Diese Tendenz zeigt sich auch in anderen Kommunen. Im niedersächsischen Landtag sitzen knapp 28 Prozent Frauen und sogar im Bundestag sank 2017 der Anteil der Frauen mit 30,9 Prozent auf das Niveau von 1998.“ 

Aus diesem Grund versucht das Land, mit Mentoring-Programmen gegenzusteuern. Angesichts der nächsten Kommunalwahl sollen in Niedersachsen wieder Frauen angesprochen werden, sich über die Mitarbeit in Stadträten und Kreistagen zu informieren und als künftige Ratsfrauen coachen zu lassen. Mit dem Landesprogramm: „Frau. Macht. Demokratie“ können so auch die Delmenhorster Parteien aktiv Frauen unterstützen, die sich für eine Mitarbeit im Stadtrat interessieren.

Doch weil diese Programme zwar fördern, aber nicht verbindlich wirken können, fordern Stimmen aus Politik und Gesellschaft seit geraumer Zeit ein deutsches Paritätsgesetz, darunter auch die niedersächsische Sozialministerin Dr. Carola Reimann. Für sie sind die Parlamente Orte der politischen Willensbildung, an denen Frauen genauso stark wie Männer vertreten sein müssen.

„Für das Paritégesetz sind zwar Änderungen in unserem Wahlgesetz nötig. Aber dass es gelingen kann, ohne dass die Welt untergeht“, so Petra Borrmann, „zeigen aktuell das Bundesland Brandenburg und seit Jahren acht Länder in Europa, darunter unsere Nachbarn Frankreich und Belgien, die dieses Gesetz schon im Jahr 2000 umgesetzt haben. Wahllisten sind dort nur gültig, wenn auf ihnen paritätisch Frauen und Männer kandidieren und gewählt werden können. So konnte in französischen Kommunalparlamenten der Frauenanteil auf ganze 48 Prozent gesteigert werden. Demokratie funktioniert nur, wenn beide Geschlechter gleichermaßen beteiligt sind!“


Nr. 116|19 - Gleichstellungsstelle der Stadt Delmenhorst

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