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Pressemitteilung - 10. August 2017

„Moin, Herr Fitger!“ und „Karina Miami“ vor Eröffnung

In die Kunstgeschichte und in die Gegenwart entführen die beiden neuen Ausstellungen Interessierte in der Städtischen Galerie Delmenhorst. Am Donnerstag, 17. August, wird um 19 Uhr in der Remise die Ausstellung „Moin, Herr Fitger!“ eröffnet. Eine Stunde später startet im Haus Coburg ein Projekt mit dem Titel „Franz Burkhardt. Karina Miami“.

Für den Bildhauer und Zeichner Franz Burkhardt wird das städtebauliche Gegenüber der Galerie zur Inspiration. Seit Mitte der 1970er-Jahre grenzt eine zugige, stark befahrene Kreuzung an die Coburgsche Villa. Damit ist sie isoliert von der City mit ihren A-Lagen. Die Nachbarn gegenüber – der „Orient-Grill“, der Pizzaservice, der russische Laden „Karina“ und das „Miami“ – sind weit abgeschlagen. Umso begehrlicher wandert der Blick Tag für Tag zu ihnen herüber.

Durch den Bau eines architektonischen Versatzstückes wird Burkhardt in verblüffender Weise das Außen in die musealen Räume holen. Vor allem hat es ihm dabei der vermeintliche Amerikaner angetan: die legendäre, wenngleich auch längst mit Brettern verbarrikadierte und vernagelte Diskothek „Miami“.

Nicht illusorisch perfekte Rekonstruktion ist Burkhardts Ansatz, sondern eine plausible bildhauerische Arbeit, die mit scharfem Blick und einigem Humor das Besondere der Delmenhorster Häuserzeile in ein Allgemeines überführt. Jede von dem Künstler gestaltete Fassade ist auch ein Stück Malerei: Die Fassaden werden zum Träger einer beredten Patina und nachdenklich stimmender Botschaften wie auch zum Display für Zeichnungen.

„Karina Miami“ zeigt zahlreiche Skulpturen, zum Teil eigens für die Ausstellung geschaffen. Sämtlich entstammen sie der genauen Beobachtung des Künstlers, so wie er die urbane Umwelt betrachtet.

Unter dem Dach des Hauses Coburg ist außerdem eine Auswahl an Blättern zu sehen, die Burkhardt als außergewöhnlichen Zeichner vorstellen. Jedes Blatt ist mit Gedankenfragmenten versehen, mit Sinnsprüchen, verballhornten Zitaten, die das Dargestellte mal mit bissigem Humor, mal mit wehmütiger Poesie unterlaufen.

Dem Wahl-Belgier Burkhardt, im Jahr 1966 in Wolfenbüttel geboren, geht es um eine Auseinandersetzung mit Intimität und Privatheit, mit Normen, Sehnsüchten und Ängsten, die an den Ausstaffierungen der individuell arrangierten Repräsentationsräume hängen. Das, was sich im Einerlei des Alltags als „gemütliches Elend“ niedergelassen hat, zieht sich als melancholischer Klang durch sein Werk. Er verknüpft die großen Fragen der sogenannten Hochkultur mit den knisternden Öfen des Trivialen, die unablässig die Kunst befeuern.

Die Ausstellung „Moin, Herr Fitger!“ widmet sich dem in Delmenhorst geborenen Arthur Fitger (1840-1909). Mit seiner großformatigen Malerei war er als „Malerfürst“, als der „Makart des Nordens“ über Jahrzehnte hinweg eine Berühmtheit. „Keine Wand, die nicht Fitger mit Malerei bedeckt“, wird der Volksmund zitiert. Und nicht nur als Maler, auch als Kunstkritiker, Dramatiker und Poet prägte er den damaligen Zeitgeist.

In der Gegenüberstellung mit Werken von Fritz Overbeck (1869-1909) wird deutlich, warum Fitger nicht zuletzt mit der Bildwelt der innovativen Worpsweder Maler haderte. Betrachtet man die Werke der beiden heute, verblüfft es, dass sie Zeitgenossen waren; beide starben im gleichen Jahr. Anhand des Themas Kindheit und Natur macht die Ausstellung in der Remise der Städtischen Galerie Delmenhorst mit ausgewählten Gemälden, Zeichnungen und Grafiken eine frappierende „Gleichzeitigkeit des Ungleichzeitigen“ deutlich. Das Gemälde „Weiblicher Akt“ von Paula Modersohn-Becker, als Leihgabe der Kunsthalle Bremerhaven in der Ausstellung zu sehen, heizt den Dialog der beiden malerischen Welten an.

Die Ausstellung „Franz Burkhardt. Karina Miami“ wird großzügig von der Stiftung Niedersachsen und vom Niedersächsischen Ministerium für Wissenschaft und Kultur unterstützt.

  • Termine:
    Donnerstag, 17. August 2017, 19 bzw. 20 Uhr
    Städtische Galerie Delmenhorst, Fischstraße 30

Nr. 377/17 - Städtische Galerie Delmenhorst

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