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Langjähriger Chefarzt der Kinderklinik verabschiedet

Mit einer Feierstunde im Rathaus wurde Dr. Johann Böhmann am 27. September als Chefarzt der Kinderklinik des Josef-Hospitals Delmenhorst (JHD) verabschiedet. Zu dem Empfang hatte Oberbürgermeister Axel Jahnz eingeladen, um damit die Verdienste des Mediziners zu würdigen, die weit über dessen unmittelbare ärztliche Tätigkeit hinausreichen. Dr. Böhmann geht mit Ablauf des Monats in Ruhestand.

Bevor Oberbürgermeister Jahnz auf Dr. Böhmann einging, nutzte er angesichts der aktuellen Situation des Josef-Hospitals Delmenhorst (JHD) die Gelegenheit für die nachdrückliche Botschaft, "dass ich uneingeschränkt zu den Leistungen unseres Krankenhauses stehe, und das tun auch unsere Politik und unsere Bürger".

Was der scheidende Chefarzt der Kinderklinik während seiner Zeit in Delmenhorst geleistet habe, hätte "für zwei Berufsleben gereicht", meinte Jahnz. Der Mediziner habe stets mit Herzblut gearbeitet, sich mit Leib und Seele mit seinen Aufgaben identifiziert und immer wieder als Lokomotive für neue Dinge gewirkt. Alles in allem sei Dr. Böhmann "ein Hans im Glück für Delmenhorst".

Der Geehrte gab das Lob auch an sein Team weiter, namentlich an die ebenfalls langjährige Oberärztin Dr. Claudia Niekrens. "Ich hatte aber auch tolle Vorbilder", betonte er: Die Kinder hätten ihn immer wieder motiviert.

Selbstkritische Worte fand er zur schwierigen Lage des JHD: "Wir haben nicht früh genug das Ruder herumgerissen", beschrieb er die Rolle der Chefärzte und leitenden Angestellten.  "Aber ein Blick in den Rückspiegel ist jetzt nicht angebracht." Vielmehr gelte es, das Krankenhaus für die Zukunft aufzustellen. Eines stehe dabei für ihn außer Frage: Dass man nach wie vor mit einem guten Gefühl in das Krankenhaus gehen könne, sei unbestritten, erklärte er und erntete dafür spontanen Applaus der Gäste.

Kurz ging Dr. Böhmann auch noch auf eines seiner Steckenpferde ein, die Prävention: Rund 30 Prozent der Kosten im Gesundheitswesen würden durch lebensstilbedingte Erkrankungen verursacht. Viele seien, wenn sie erst einmal da seien, nicht mehr heilbar; wohl aber könne ihr Auftreten durch Vorbeugung vermieden werden. Diesen Themen will sich Dr. Böhmann auch in Zukunft weiter widmen. "Sie werden mich so schnell nicht los", versprach er und kündigte an, dass er mit dem Delmenhorster Institut für Gesundheitsförderung (DIG) demnächst Räume im Jute-Center beziehen werde, um dort "mit mehr Ruhe" als bisher an seinen Projekten zu arbeiten.

Nach seinem Studium in Göttingen war Dr. Böhmann zunächst an Krankenhäusern in Kassel und Bremen tätig, bevor er 1984 als Oberarzt an die Kinderklinik der damaligen Städtischen Kliniken Delmenhorst kam. 1992 stieg er zum Chefarzt der Kinderklinik auf, leitete sie also ein Vierteljahrhundert und prägte sie in dieser Zeit stark. Von 1998 bis 2003 war Dr. Böhmann außerdem Ärztlicher Direktor der Städtischen Kliniken.

Als Chefarzt baute Dr. Böhmann die vorhandene Kinderklinik aus, schaffte etwa Möglichkeiten, auch schwer kranke Kinder, vor allem Früh- und Neugeborene, angemessen zu versorgen, und integrierte neue Krankheitsbilder, zum Beispiel aus der Psychosomatik, in das Behandlungsangebot. Das profitierte zusätzlich von der durch den Chefarzt etablierten kollegialen Führungsstruktur: Durch Einbindung der Oberärzte mit ihren jeweiligen Spezialisierungen hat die Kinderklinik heute im Verhältnis zu ihrer Größe ein sehr breites Spektrum.

Oft war Dr. Böhmann Vorreiter für neue Ansätze, etwa Schulungen für Kinder mit chronischen Krankheiten, Trainingsprogramme für Übergewichtige oder auch die regelmäßige Zusammenarbeit mit Klinikclowns sowie mit den „Bremer Engeln“, die helfen, dass auch schwerstkranke Kinder zu Hause in der Familie gepflegt werden können. Die Delmenhorster Kinderklinik war denn auch bundesweit unter den ersten, die von der Gesellschaft für Kinderkliniken als „Ausgezeichnet. Für Kinder“ zertifiziert wurden.

Um die Kinderklinik zu fördern und stärker ins öffentliche Bewusstsein zu bringen, gründete Dr. Böhmann 1998 den Verein „Gesundheit im Kindesalter“ (GiK). 2009 ging aus diesem zusätzlich das „Delmenhorster Institut für Gesundheitsförderung“ hervor, das Vorhaben wissenschaftlich vorbereitet, begleitet und evaluiert.

Bei verschiedenen Projekten und Studien zu Themen wie Allergien, Unfällen oder seelischer Gesundheit war der Arzt federführend. Internationale Aufmerksamkeit erlangte insbesondere die wissenschaftlich anspruchsvolle Studie M-KID zu Zusammenhängen zwischen der Mutter-Kind-Beziehung und der Gesundheit von Kindern im ersten Lebensjahr. Bei „Idefics“, der größten europäischen Forschungsinitiative zu Übergewicht bei Kindern, war Delmenhorst durch Dr. Böhmanns Engagement der deutsche Standort. Ebenso gab er den Anstoß, Eltern Unterstützung durch Familienhebammen zu bieten. An einer Qualitätsanalyse von Kinderkrippen war er ebenfalls maßgeblich beteiligt, in diesem Zusammenhang entstand auch ein Konzept für die Weiterbildung von Beschäftigten in der Krippenerziehung. Nicht zuletzt drängte Dr. Böhmann erfolgreich darauf, dass Delmenhorst sich 2011 als erste deutsche „Safe Community“ nach den Standards der Weltgesundheitsorganisation zertifizieren lassen hat; in diesem Jahr wurde das Zertifikat erstmals erneuert.

Ein Paradebeispiel für Dr. Böhmanns Wirken ist auch der seit mittlerweile 13 Jahren ausgetragene 24-Stunden-Burginsellauf. Auf der organisatorischen Seite zeigt er, wie der regional, national und internationale vernetzte Mediziner sich immer wieder mit verschiedenen Mitstreitern zusammentut, um Ideen voranzubringen. Und in der Durchführung erleben viele Menschen aus der ganzen Stadt ganz einfach, dass Gesundheit richtig viel Spaß machen kann.

Spaß bereitete den Gästen des Empfangs auch der Clown Penny Penski, der die Kinderklinik und Dr. Böhmann durch seine Auftritte als Klinikclown gut kennt. Die Gastspiele bei den kleinen Patienten profitieren ebenfalls von der Veranstaltung: Statt eines Abschiedsgeschenks hatte der Chefarzt sich eine Spende für die Arbeit der Klinikclowns in Delmenhorst gewünscht.


27. September 2017 - uw

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